Seit sechs Jahren erscheinen die Herrnhuter Losungen durch eine private Initiative auch auf Koreanisch
Zum dritten Mal kam Professor Ju-Min Hong jüngst nach Herrnhut. Diesmal brachte er allerdings etwas Besonderes mit: Ein Exemplar der Herrnhuter Losungen in seiner Muttersprache Koreanisch. Übersetzt hat er die Texte selbst. Da er in Heidelberg studierte, kann er hervorragend Deutsch. Das Schwierige an der Übersetzung sei besonders der alte Sprachstil, sagt der Theologe, der das Institut für Diakonie in Südkorea leitet. Wenn man das aber routinemäßig mache, werde das immer einfacher. Ansonsten besuchten er und eine Gruppe koreanischer Christen, die zum ersten Mal in Deutschland sind, auch die Herrnhuter Sehenswürdigkeiten.
Wie Hong berichtet, werden die seit 2009 in Koreanisch erscheinenden Losungen in seinem Land sehr gut aufgenommen. Die Startauflage von 1 000 Stück wurde komplett verkauft oder verschenkt. Über 100 christliche Gemeinschaften des Landes nutzen inzwischen das traditionelle Andachtsbuch. Über den Buchhandel selbst werden bisher allerdings nur wenige Exemplare verkauft. Die meisten vertreibt Hong im Eigenverlag persönlich. Nachdem er in Vorträgen und Seminaren auf die Losungen hinwies, betrug die Auflage 2010 bereits 2 000 Stück. Und die Nachfrage wächst.
Die Herrnhuter Losungen seien ganz anders, als die üblichen Andachtsbücher, die man in Südkorea kenne. »Ich glaube, gerade weil sie nur aus Bibelworten bestehen und keine menschliche Auslegung haben, gefallen sie den Leuten in Korea«, sagt er. Schließlich kenne man hier auch andere »Losungen« politischer Natur. »Wort und Tag«, wie das Büchlein in Korea heißt, sei »wie ein Geschenk des Himmels, ein Geschenk für jeden Tag«, so der Professor.
Die Begleittexte der Losungen, Liedverse oder Gebete mit Bezug auf die jeweiligen Bibelstellen, entsprechen in der koreanischen Ausgabe derzeit noch der deutschen Ausgabe. In Zukunft will Hong aber verstärkt solche von koreanischen Autoren aufnehmen. Denn den meisten Koreanern sind deutsche Liederdichter, wie zum Beispiel Paul Gerhardt, eher unbekannt. Eine Ausnahme bilde da allerdings Dietrich Bonhoeffer, der sich einiger Bekanntheit auch in dem asiatischen Land erfreut.
Die Struktur der christlichen Kirchen in Südkorea ist völlig unterschiedlich zum deutschen System. Was vor allem damit zusammenhängst, dass das Christentum vor etwa 130 Jahren aus den USA nach Korea kam. Damals waren es vor allem konservative und fundamentalistische Bewegungen, welche die jungen koreanischen Kirchen prägten. Ökumene gab es dabei nicht. Heute existieren entsprechend viele einzelne Denominationen und eigenständige Kirchenformen. Seit den 1960er Jahren aber wächst eine ökumenische Bewegung, in der vor allem die Presbyterianische Kirche (PCK) und Ju-Min Hong aktiv sind. Knapp 22 Prozent der reichlich 49 Millionen Südkoreaner sind Christen, in der Mehrzahl Protestanten.
Mit der Verbreitung der Losungen verfolgt Ju-Min Hong zwei ganz praktische Ziele. Einmal möchte er damit die diakonische Arbeit in Korea entwickeln. Das ist sein soziales Hauptanliegen. Gerade hier erlebe man einen Aufschwung und da könnten die Losungen einen wichtigen Beitrag zur täglichen geistlichen Verwurzelung der Mitarbeiter leisten. Gleichzeitig gibt es bekanntlich große politische Spannungen zwischen Nord- und Südkorea. Seine Kirche habe bisher leider kaum Kontakte zu den Christen in Nordkorea aufbauen können, die ihren Glauben illegal leben.
Vielleicht aber, so die Hoffnung von Ju-Min Hong, können die Losungen dazu beitragen, diese Konflikte über das Evangelium von Jesus Christus irgendwann einmal zu versöhnen. Man wolle jedenfalls versuchen, einzelne Losungsexemplare irgendwie nach Nordkorea zu schaffen. Wie ist im Moment allerdings noch offen.
Andreas Herrmann
Nach Angaben der Abteilung Losungsspende der Evangelischen Brüder-Unität können für 18 Euro sechs koreanische Losungen produziert werden.
Spenden: Ev. Bank eG Kassel, IBAN DE605206 0410 0000 4159 28, BIC GENODEF1EK1, Kennwort: Losungsspende Korea